Aufgewachsen im Deutschland der 70er, in dem Zukunft noch eine Verheißung war. Ein neuer Wind wehte durch Deutschland. Eine Zeit der Friedens- und Entspannungspolitik. Als ich vier Jahre alt war, ging Willy Brandt vor dem Mahnmal in Warschau auf die Knie und bat um Vergebung. Mit 12 besuchte ich gemeinsam mit meinen Eltern und Brüdern das Konzentrationslager Dachau. Ein Erlebnis, das mich nachhaltig prägte. In meinem sozialdemokratischen Elternhaus wurde mir beigebracht, dass ich persönlich natürlich keine Schuld trage an den Gräueltaten der Nationalsozialisten, als deutsche Staatsbürgerin, wenngleich viel später geboren, aber eine Mitverantwortung habe. Eine Verantwortung für die Gesellschaft, in der ich lebe. Und das heißt: aufzustehen, wenn Menschen ausgegrenzt und diffamiert werden, aufzustehen, wenn Unrecht geschieht. Aufzustehen, wenn Menschen ihrer Würde beraubt werden.

Ich war wirklich so naiv zu glauben, wenn die alten Nazis alle tot sind, würde der Spuk vorbei sein. Niemand würde es noch wagen, dieses alte Lied zu singen und wenn, dann würde niemand mehr zuhören. Alles falsch. Ein Herr Höcke darf zwar laut Gerichtsurteil als „Nazi“ bezeichnet werden, wird aber nicht aus dem Staatsdienst entlassen. Unglaublich. Die AfD hat es in viel zu viele deutsche Parlamente geschafft und wir haben gar keine andere Wahl, als uns mit ihr auseinanderzusetzen und dafür zu sorgen, dass ihre Worthülsen und Lügen entlarvt werden. Und das ist für unsere Parlamentarier:innen harte und nervenaufreibende Arbeit. Auf keinen Fall darf man sie in Regierungsverantwortung kommen lassen, das wäre ein fataler Fehler.
Alle Menschen sind gleich. Alle Menschen haben ein Recht auf ein menschenwürdiges, lebenswürdiges, friedvolles und glückliches Leben. Unsere Gesellschaft ist das, was wir aus ihr machen. Wir sollten nicht aufhören, dafür zu streiten.
Bettina Kaminski, Schauspielerin und Regisseurin, Freies Schauspiel-Ensemble Frankfurt
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