Die VVN-BdA ist eine überparteiliche Organisation und deshalb mit keiner politischen Partei verbunden. Dennoch lassen uns diese Landtagswahlen nicht unberührt. Wir erinnern zurecht daran, dass unsere Gründungsmütter und-väter auch zu den Mitverfassern der Hessischen Landesverfassung gehörten. Diese enthält so viele antifaschistische Festlegungen, dass wir uns verpflichtet fühlen, solche Ansprüche als Ausdruck unserer Vorstellung von Antifaschismus zu betonen.
Auf Landesebene werden zentrale Lebensbereiche politisch entschieden. Dazu gehören nicht allein das Bildungswesen, die Hochschulen und die Kulturhoheit. Auch viele soziale Bereiche sind Landesaufgaben. Wer weiß schon, dass in der Landesverfassung ein Recht auf Arbeit (Artikel 28 (2)) und auf angemessenen Wohnraum (Artikel 26d) verankert sind? Diese und weitere soziale Rechte für alle in Hessen lebenden Menschen, nicht nur für „Deutsche“, sind in der Verfassung verankert und damit Aufgabenfelder für die kommende Landesregierung. Auch wenn die Außenpolitik eine gesamtstaatliche Aufgabe darstellt, enthält die Landesverfassung sogar eine friedenspolitische Verpflichtung (Artikel 69), die heute dringender denn je ist. Demokratische Mitwirkungsrechte sind in der Verfassung klarer verankert, als die gegenwärtige schwarz-grüne Landesregierung akzeptieren möchte. Bei dieser Landtagswahl entscheidet sich auch, ob es gelingt, die geplanten Veränderungen des Versammlungsrechtes (Artikel 14) zurückzuweisen.
Daher empfehlen wir nur solche Kandidatinnen und Kandidaten zu wählen, die sich engagiert für die Verteidigung und Verwirklichung der antifaschistischen Grundsätze der Hessischen Landesverfassung einsetzen. Antifaschisten müssen sich politisch einbringen, wenn sie für eine demokratische und sozial gerechte Gesellschaft eintreten.
Unsere zweite Herausforderung sehen wir im aktuellen Landtagswahlkampf darin, auch den politischen Vormarsch der extremen Rechten in Hessen im Parlament zu stoppen. Wir mussten in der letzten Wahlperiode erleben, dass mit der Ermordung von Dr. Walter Lübcke und den Morden von Hanau Rassismus und Neofaschismus in seiner gewalttätigen Form in Hessen sichtbar wurden. Dabei haben wir erlebt – und dies wurde durch die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse bestätigt – dass Polizei und Verfassungsschutz, die vorgeblich zum Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung sich um diese Gefahren kümmern sollten, in jeder Hinsicht versagt haben. Es waren die antifaschistischen Initiativen und migrantischen Netzwerke, die sich engagiert für die Aufklärung und gesellschaftliche Aufarbeitung eingesetzt haben.
Gleichzeitig sind seit 2018 die geistigen Stichwortgeber der gewalttätigen Neonazis als AfD-Fraktion im Landtag vertreten. Deren parlamentarische Initiativen förderten Rassismus und Intoleranz, richteten sich diese doch vor allem gegen angemessene Hilfe und Unterstützung für Flüchtlinge und migrantische Gruppen. Soziale Hilfsangebote in der Corona-Pandemie oder für die Betroffenen der erhöhten Energiepreise durch die Sanktionspolitik der vergangenen Monate wurden für „Deutsche“ propagiert – mit rassistischen und völkisch-nationalistischen Begründungen. Gleichzeitig betätigten sich Vertreter der AfD als Sprachrohr der „Corona-Leugner“ und abstruser Verschwörungsthesen. Auch aus diesem Grunde wollen wir den Einfluss der extremen Rechten im Hessischen Landtag zurückdrängen. Schließlich muss verhindert werden, dass die AfD sich als „Mehrheitsbeschaffer“ im Parlament profilieren kann. Wir erwarten von allen demokratischen Parteien eine klare Stellungnahme gegen jegliche Zusammenarbeit mit der AfD.
Antifaschismus ist mehr als eine Gegenbewegung, Antifaschismus ist ein Zukunftsentwurf. Daher bringen sich Antifaschisten – im Bündnis mit anderen demokratischen gesellschaftlichen Kräften – engagiert in diesen hessischen Landtagswahlkampf 2023 ein – eine lohnende Aufgabe.