Wenn heute Querdenker in Übereinstimmung mit AfD und anderen Rechtsextremen die Gefahr des Corona-Virus leugnen, Impfungen ablehnen, dies als Zivilcourage deklarieren und sich selbst gar als „Widerstandskämpfer“ mit Sophie Scholl oder Anne Frank vergleichen, ist dies eine demaskierende Missachtung derjenigen, die sich den NS-Mördern entgegengesetzt hatten.
„Wehret den Anfängen“ und „Nie wieder Faschismus!“ – das waren die Lehren und Aufforderungen der alten Widerstandskämpfer:innen an uns. Sie hatten ihr Leben eingesetzt im Kampf gegen den deutschen Faschismus. Sie waren von den Nazis aus politischen, „rassischen“, religiösen Gründen verfolgt worden. Zu viele waren ermordet worden, wie mein Großvater. Zu viele waren zu langen und harten Haftstrafen verurteilt worden. Manche mussten emigrieren. Sie kämpften in anderen Ländern gegen den deutschen Faschismus, für ein neues, demokratisches, antifaschistisches Deutschland. So auch mein Vater.
Die parlamentarisch-demokratische Ordnung, die AfDler, “Reichsbürger” u.a. heute verächtlich machen oder gar ganz abschaffen wollen, war im gemeinsamen Bemühen von allen Antifaschisten geschaffen worden. Demokratie zu leben und zu schützen, beginnt im Kleinen, vor Ort. Deshalb mache ich von meinem Wahlrecht Gebrauch, für das mein Großvater und seine Mitstreiter:innen gekämpft hatten.
Anne Kahn
Martin Kahn (1881 bis 1941)
jüdische Religionszugehörigkeit, Kaufmann, wahrscheinlich am 8.11.1941 nach Minsk deportiert, im Lager Malyj Trostenez bei Minsk, Weißrussland/Belaruss ermordet.
Malyj Trostenez war zwischen Frühjahr 1942 und Sommer 1944 die größte Vernichtungsstätte auf dem Gebiet der besetzten Sowjetunion. Um die Spuren zu verwischen ließen die Mörder Ende 1943 die Leichen der Opfer ausgraben und verbrennen. Nach Schätzungen wurden in Malyj Trostenez bis zu 60.000 Menschen ermordet.
Alphonse Kahn (1908 bis 1985)
Oktober 1933 Flucht und Emigration nach Frankreich. Internierung in verschiedenen Lagern in Frankreich, u.a.in Le Vernet. 1945 Rückkehr nach Deutschland. Arbeit in der Verwaltung der Stadt Ludwigshafen, zuständig für Entschädigungen und Wiedergutmachung. Gründungsmitglied der VVN. 1948 Arbeit bei Landesregierung Rheinland-Pfalz in Koblenz, zuständig für Entschädigungen und Wiedergutmachung. 1951 Adenauer Erlass: Entlassung aus dem Staatsdienst wegen Mitgliedschaft in der KPD. In den Folgejahren Arbeit als Syndikus (wegen Verfolgung kein 2. juristisches Staatsexamen).
Quelle: Mahnmal Koblenz
(http://mahnmal-koblenz.de/index.php/2013-12-12-02-07-02/die-personentafeln/196-054-alphonse-kahn-jude-kommunist-emigrant-und-beamter-in-koblenz)
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